73 Jahre - das war die Altersdifferenz zwischen dem ältesten Tourengänger unserer Gruppe und dem jüngsten, den wir oben auf dem Pass der Rifugi dais Chamuotschs antrafen. Der aufgeweckte Knabe war mit seinem Vater unterwegs - nota bene ein Bergführer. Überhaupt war unsere Tourenwoche in Pontresina geprägt durch Kontraste. Hier die wettermässig eher schlechte erste, dort die strahlende zweite Hälfte. Hier die Aufstiege zwischen engstehenden Arven, dort die Abfahrten durch eine schier unendlich weite hochalpine Landschaft. Hier die romantische Jagdhütte im engen Wald, und dort, nur ein paar Abfahrtsminuten später die hoch hinausragenden Wohntürme von St. Moritz Bad. Oberengadin und Berninagebiet öffneten unserer Tourengruppe eine breite Palette von Impressionen.
Nicht alle konnten alles geniessen. Waren wir am Montag noch zehn Teilnehmende, wagten sich am Freitag nur noch fünf auf die wundervolle Tour zum Sassal Mason. Das eine oder andere Zipperlein forderte seinen Tribut.
Am Montag machten wir direkt ab Pontresina eine Einlauftour ins Gebiet der Alp Languard, dem einzigen Flecken am Südhang mit einer einigermassen geschlossenen Schneedecke. Am folgenden Tag führte uns Bergführer Lucas Iten direkt ab Hotel Palü ins Gebiet von Muot Dadains/Puntraschigna. Zuerst sanft, dann mit ein paar Dutzend Spitzkehren führte die Route durch Wald und steile Lichtungen nach oben. Hier öffnete sich das Terrain in sanfte Alpweiden. Kräftezehrend erwies sich die Abfahrt im schweren Altschnee in den engen Couloirs. Einmal mehr bestätigt sich: Nicht Höhe und Länge, sondern vor allem die Schnee- und Wetterverhältnisse bestimmen den Schwierigkeitsgrad.
Am Mittwoch bei leichtem Schneefall stiegen wir eher leicht durch märchenhafte Arvenwälder hinauf zu den «Muottas da Schlarigna, Punkt 2542 bei Plazzers. Die älteste Arve, die wir auf dem Aufstieg antrafen, soll 1400 Jahre alt gewesen sein. Auf überraschend gut zu befahrendem Schnee kurvten wir zwischen den Arven hindurch direkt nach St. Moritz Bad, Bushaltestelle Sonne. Ihr Name war ein gutes Omen für die folgenden Tage.
Das Wetter zeigte sich von der schönsten Seite, als wir am Donnerstag von der Diavolezza auf den Gletscher Vadret Pers abfuhren und von dort zur «Gemsfreiheit» Pt. 3121 aufstiegen. Aus Vorsicht waren alle mit einem Gschtältli ausgerüstet. Die majestätische Landschaft mit Palü, Bellavista und Bernina ist fantastisch schön und die fadengrade Abfahrt auf festem Pulver über schier endlos weite Hänge des Vadret Fortezza und der Isla Pers war beglückend. Eindrücklich auch die Passage durch den unteren Teil des schwindenden Morteratschgletschers.
Am Freitag - wiederum ein Prachtstag - fuhren wir mit der Berninabahn zum Hospiz, überquerten den gefrorenen Lago Bianco und bestiegen den Grat, der zum Sassal Mason führt. Der Aufstieg war im letzten Teil sehr steil. Lucas entschärfte allerdings die zahlreichen Spitzkehren - eine Serviceleistung, die wir gerne annahmen. Die Abfahrt erwies sich als ebenso spektakulär wie am Vortag, der Schnee sogar noch eine Spur pulvriger. Allerdings musste man stets auf der Hut sein wegen der nur knapp unter dem Schnee verborgenen Felsen. Das Bier nach getaner «Arbeit» im Bistro direkt neben den Geleisen auf dem Bahnhof Hospiz bleibt unvergessen.
Den letzten Tag hat der Autor dieser Zeilen leider verpasst. Bestimmt war die Tour ab Muottas Muragl für die Teilnehmenden lohnenswert. In der Gesamtwürdigung sei daher übernommen, was Peter, unser Methusalem in der Gruppe, im Chat hinterliess: »Das Wetter und auch teilweise die Schneeverhältnisse haben uns manchmal echt gefordert. Aber dank den guten Tourenidee hat Lucas ein Optimum aus der aktuellen Situation für alle herausholen können.»
Im Namen aller Teilnehmenden sei Urs Hänggi gedankt, der wie immer die Tourenwoche umsichtig und gewissenhaft organisierte.
Hans Peter Schmid
Touren (Ab Hotel Palü Pontresina mit ÖV)
Montag (Anreisetag): Einlauftour Richtung Alp Languard
Dienstag: Muot Dadains (Pt. 2542m)
Mittwoch: Muottas da Schlarigna (Plazzers, Pt. 2452m)
Donnerstag: Rifugi das Chamuotsch (Gemsfreiheit, Pt. 3121 m)
Freitag: Grat des Sassal Mason (Pt. 2989)
Samstag: Gebiet Muottas Muragl