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Skitourenwoche Lenk

Skitourenwoche Lenk 15. bis 19. März 2021

Der Weg ist das Ziel - oder Zenbuddhismus im Simmental

Eine dunkle Kontur löst sich aus dem Nebel. Ein Stall taucht auf und verschwindet. Eine Telefonstange, eine einsame Tanne. Der Nebel verschluckt jeden Ton. Schneeflocken tanzen, leise kratzen und rieseln Graupel auf der Kapuze. Sonst Stille, nur hie und da zerrissen vom dröhnenden Lärm von Kampfjets. Die Skis sind schwer, die Spur ist tief. Der Blick nach unten gerichtet. Magnetisch angezogen von Bein, Schuh und Ski des Vorder-Menschen. «K2» nach vorn, «K2» nach hinten - «Mammut» nach oben, «Mammut» nach unten. Hundert Mal, tausend Mal. Der Rhythmus der Bewegung lullt ein, die Gedanken kreisen. War schon mal ein Ski auf dem K2? Ist das Mammut nicht ausgestorben - warum wird es zur Marke einer Bekleidungsfirma? Warum nur sind Skischuhe violett? Warum heissen die Skis Atomic? Gedanken schweifen ab, pendeln zwischen Tiefe und Nonsense, brechen ab, entschwinden in den Nebel, verlieren sich im Tanz der Flocken. Nirwana.

Wo sind wir?  Ich weiss - wir sind im Simmental, der Wind bläst uns um die Ohren, der Neuschnee ist metertief und das Lawinenbulletin meldet «Grosse Gefahr».  Oben ist oben, und unten unten. Ich könnte ebenso gut in der Taiga in Russland, in der Tundra Finnlands oder auf den Weiden bei Saignelégier sein. Kurz: Eigentlich keine guten Voraussetzungen für eine Skitourenwoche. Und schon gar kein Anreiz für Gipfelbesteigungen. Denkbar sind schon eher Tauchgänge im Tiefschnee. Oder in anderen, markigen Worten von Martin: Eine Tourenwoche mit mehr Voltaren als Sonnencrème!

Also drei Tage zum vergessen? Nein, überhaupt nicht. Die Landschaft mit den Tannengruppen, die Ställe und Holzzäune, der Schneefall, der Nebel, die Konturen und die Stille: Sie alle waren reizvoll. Auch fühlte es sich gut an, dank guter Bekleidung den widrigen Wetterbedingungen trotzen zu können. Ausserdem hatten wir es schampar bequem: Vorne stampfte unser Bergführer Hansueli durch den schweren Schnee. Wir folgten, gemächlich, aber stetig und im vollen Vertrauen, dass er Weg und Ziel kennt. Nicht zu vergessen die Abfahrten: keine Spuren weit und breit und die einmalige Chance, sich im meterhohen nassen Tiefschnee zu behaupten. Und auch in der Schmuddelecke entstand Wissenswertes: Z.B. dass bei meterhohem Schnee der Mann den gelben Fleck nicht auf der Oberfläche hinterlässt, sondern ihn - nachdem er sich runtergegraben hat - an der Schneewand markiert. Für mich erstaunlich -  ich weiss, es gibt im Leben Wichtigeres zu lernen und mitzuteilen….

Szenenwechsel

Ab Donnerstag klärte sich das Wetter auf und am Freitag herrschten Sonnenschein und blauer Himmel. Wir bestiegen den Schatthore auf seinem langgezogenen, sanften und absolut lawinensicheren Rücken.  Die eine Gruppenhälfte machte den schönsten Teil der Abfahrt gleich zwei Mal. Am Freitag lösten wir uns endgültig aus Meditation und Trance. Wir bestiegen zwar nicht grad das Albristhorn, aber immerhin den Albristhubel und liessen unsere Blicke erstmals und frei in die wunderbare Landschaft des Simmentals schweifen. Allein die Abfahrt durch die unberührten Hänge entlohnte die allfällige Mühsal im Tiefschnee der ersten Tourentage.

Wir erlebten eine vielfältige und attraktive Tourenwoche. Im Namen der ganzen Gruppe möchte ich Urs Hänggi für die wie immer perfekte Organisation und Hansueli Marti für die kompetente und angenehme Führung danken. Im Sporthotel Wildstrubel fühlten wir uns gut aufgehoben und wir können es weiterempfehlen.

Hans Peter Schmid

Besteigungen
Montag (Anreisetag): Einlauftour Richtung Chumigalm oberhalb Zweisimmen

Dienstag: von Iffigenalpstrasse zum Porisgrat Pt. 1866

Mittwoch: St Stephan via Chatzestalde auf den Chirschbühlhubel Pt. 1790

Donnerstag: Schatthore Pt. 1918

Freitag: Albristhubel

Teilnehmende

Hansueli Marti (Bergführer), Urs Hänggi (Leitung), Christian Aeschlimann, Ursi Ebner, Martin Saunier, Hans Peter Schmid, Regula Senn, Uschi Sonnenschein