Via Jacobi, Via Gottardo, Via Spluga und wie all die Kulturwege heissen mögen. Ursi Ebner hat für uns die Via Salina ausgewählt, und wir begeben uns neugierig auf die Reise von Salins-les-Bains im französischen Jura bis kurz vor Bern, eine Reise, die uns Wissenswertes vermittelt über die Geschichte des Weissen Goldes, wie das Salz auch genannt wurde. Unterwegs stossen wir auf Zeugnisse dieser Geschichte, auf alte Wegspuren, durchwandern Märchenwälder, pittoreske Dörfer und die Weite der Franche Comté.
Während der ersten drei Tage kommen wir in den Genuss von zwei kulturellen Höhepunkten. Die Orte Salins-les-Bains, Ausgangsort der Via Salina und Arc-et-Senans, welches heute UNESCO Weltkulturerbe ist, geben uns einen umfassenden Einblick in die Salzgewinnung durch Abbau von unterirdischem Salz, die Verarbeitung und die Bedeutung des Materials als Konservierungsmittel. Wir erfahren viel von der harten Arbeit der Salzarbeiter, aber auch über Steuern und über die durch den Salzhandel zu Reichtum gelangten Orte. Arc-et-Senans wurde ausschliesslich als Salzverarbeitungsort vom visionären Architekten Ledoux erbaut. Die beeindruckende und weitläufige Anlage umfasste Produktionsstätte, Verwaltungsort und Wohnbereiche für die Arbeiter. Heute gibt es dort unter anderem ein Salzmuseum nebst einem Museum über die Projekte des Architekten. Natürlich, das Wandern kommt nicht zu kurz. Ab Salins-les-Bains folgen wir dem Chemin des Gabelous, dem Weg der Salzaufseher. Als im 18. Jh. in Salins nicht mehr genügend Holz vorhanden war für die Salzgewinnung aus der Sole, hatte man eine 21 km lange Holzleitung angelegt, um die Salzlauge in das von Wäldern umgebene Arc-et-Senans zu führen. Informationstafeln verraten Einiges über die Kontrolle der Leitungen, über Steuereintreiber, über den Verlust durch undichte Stellen und über Diebe, die die Leitungen unterwegs heimlich anzapften. Die Wanderung führt vorbei an alten Weinbergen, durch Wälder mit moosbedeckten Baumstämmen, irgendwo liegt eine Klosteranlage auf einem Hügel. Wir gehen durch kleine Dörfer mit stillen Ecken, machen einen ersten Etappenhalt in einem verschlafenen Ort am Fluss Loue, der hier träge, von alten Bäumen umsäumt dahinfliesst, irgendwo hinter einer alten Mauer ein Herrenhaus, Frankreich eben. Dann wieder Bauernland, ruhende Kühe, zu unserem grossen Kummer auch hier ohne Hörner, Kaffeehalt in einem Ort an der Loue mit den Ruinen einer alten Brücke.
Nach den erlebnisreichen ersten Tagen fahren wir mit dem Zug nach Pontarlier. Unterwegs erhalten wir einen ersten Eindruck von der weiten Landschaft der Franche Comté. Heute folgt die Königsetappe, von Pontarlier nach L’Auberson. Schon bald lassen wir Verkehr und Lärm der Stadt hinter uns und steigen zu einer alten Festung auf. Wir geniessen den Blick auf das gegenüber auf einem Felsen tronende Schloss von Joux und auf den Doubs, der sich hier gemächlich durch die Landschaft schlängelt. Über feuchte Wege geht es noch ein wenig „obsi“ dann sind wir auf einem Hochplateau. Das Dorf Fourg liegt wunderschön in der Abendsonne und Ursi gibt plötzlich ein forsches Tempo vor .... un, deux, trois kilomètres à pied, ça use, ça use les souliers....stimmts Doris? Trotzdem, es macht Freude, in dieser ruhigen Landschaft so zu gehen, das Geläute der Kuhglocken, ringsherum Wiesen, eine schöne Baumgruppe, blauer Himmel, was will man noch. Wenige Meter auf der Autostrasse, dann überschreiten wir die Schweizer Grenze, überqueren noch eine Wiese und marschieren dann durch das sehr, sehr langgezogene Dorf L’Auberson bis zu unserer
Herberge.
Der schweizerische Teil der Via Salina bietet uns alte Wegspuren, wundersame Musik, Naturparadiese, römische und mittelalterliche Orte. Bereits wärmen Sonnenstrahlen das auf einem Hochplateau liegende L’Auberson, blauer Himmel, vereinzelte Nebelschwaden, nichts wie los! Nach dem ausgezeichneten Frühstück in der Dorfboulangerie, mit Goldmedaillen Gruyère, lassen wir das Dorf hinter uns, und schon bald liegt St. Croix zu unseren Füssen. Zwischen St. Croix und Vuiteboeuf finden wir weitere Spuren der Via Salina im wahrsten Sinne. Die mit Salz beladenen Karren, vermutlich Ochsenkarren, haben auf ihrem beschwerlichen Transportweg Spuren in den felsigen Untergrund gegraben.1,5 km lang ist dieses eindrückliche Zeugnis aus dem 15.-18. Jh. Nun folgt ein weiterer Leckerbissen, das Musé CIMA, das Musikautomatenmuseum in St. Croix. „In diesem überraschenden Museum lässt sich der Traum nicht erzählen, nur erleben“, sagt die Website des Museums. Viel Wissen, Feinarbeit und Kunst stecken in jeder Musikdose und in den zauberhaften Figuren. Ein wenig Nostalgie, ein wenig Träumerei, Fantasie, viel Liebe zum Detail und wundersame Musik erfreuen heute noch Gross und Klein. Mit diesen Klängen in den Ohren lassen wir uns per Bus und Bahn nach Yverdon fahren. Yverdon war im Salztransport ein wichtiger Umladeplatz. Heute lädt dieses hübsche und betriebsame Städtchen auch Weitwanderer zum Flanieren ein. Am Mittwoch weichen wir etwas vom Kurs ab. Abseits der offiziellen Via Salina hat Ursi eine weitere Überraschung für uns bereit. Wir fahren nach Eclepans und folgen dem Canal d’Entreroches. Schon davon gehört? Der Kanal bezeichnet ein ca. fünf km langes Stück einer geplanten schiffbaren Verbindung zwischen Nebenflüssen von Rhein und Rhone, zwecks Errichtung einer Wasserstrasse zwischen Nordsee und Mittelmeer. Der Traum wurde aus Kostengründen nie vollständig fertiggestellt. Auf alten Treidelpfaden wandern wir zwischen hohen Felswänden und gelangen zu einem ehemaligen sogenannten Hafenhaus. Wir lauschen den Erzählungen des heutigen Besitzers des Hauses und erfahren Interessantes über die Geschichte des Kanals, über Land und Leute und über die Freuden und Leiden der Bauern heute. Nach dieser Lehrstunde führt uns der Weg auf einen Hügel mit wenig Aussicht, was uns nicht am Picknicken hindert, weiter an einem Steinbruch vorbei nach La Sarraz, von wo es per Bahn zurück nach Yverdon geht.
Das Schiff brachte einst die Salztransporteure von Yverdon nach Estavayer-le-Lac, einem für den Freiburgischen Salzimport wichtigen Hafen. SACler nehmen stattdessen und trotz Regen einen Teil dieser Strecke unter die Füsse. Es lockt ein Besuch des Naturschutzgebietes Champ-Pittet am Neuenburgersee. Von einem Beobachtungsposten im Ried erhalten wir einen kleinen Einblick in die Welt der Ornithologen. Gut getarnt gegen den offenen See tummeln sich hier Blässhühner, Wasserrallen, Reiher bekommen wir zu Gesicht und sogar der Eisvogel flattert neugierig vorbei. Der Weg bis Avenches ist noch weit und wir leisten uns bis Estavayer die Eisenbahn. Von nun an gehts wieder zu Fuss. Es wechseln sich Wald, Gebüsch, Uferzonen und, nicht zuletzt Wildschweinspuren ab. Nochmals einen historischen Halt im Pfahlbauerdorf Gletterens und danach mit ÖV nach Avenches.
Die Zeit, Avenches und das Römertheater zu besuchen, haben wir nicht, vielleicht bei anderer Gelegenheit? Die Bahn bringt uns nach Murten, einem ehemaligen Umladeplatz an der Salzstrasse. Ein kurzer Rundgang über die Stadtmauer öffnet den Blick auf die Altstadt und einen wunderbare Wolkenstimmung über dem See und dem Mont Vully. Wir brechen auf zu unserer letzten Tagesetappe. Kennt jemand Ulmiz? Wir Angensteiner Via-Salina Wanderer schon. Ulmiz liegt im Kanton Freiburg, ein freundliches Dorf mit freundlichen Kindern und einem freundlichen Wirt. Und weil alles so freundlich ist, machen wir hier unseren letzten ausgedehnten Mittagshalt, auf der Terrasse, im freundlichen Sonnenschein. Nochmals kurz vorwärts, marsch - durch Wiesen und Ackerland, Wald, noch einmal das Wandern einfach geniessen. So gelangen wir nach Gümmenen, wo wir bei der ehrwürdigen alten Holzbrücke über die Sense mit einem letzten Rückblick auf den weiten und beschwerlichen Weg der Salztransporte unsere Wanderreise würdig abschliessen.
... Und was sonst noch war: ein Bier im letzten Sonnenstrahl auf einem Terrässli, hübsche Chambres d’Hôtes, Jugendherbergen, matschige Wege, kulinarische Köstlichkeiten und Spezialitäten, Regen, Wolken, Sonne, schmerzende Füsse, die Französische Eisenbahn die man anhalten kann, gutes Marschtempo mit einer Prise Dynamik, gemütliche Nachtessen gewürzt mit guten Gesprächen, ein paar träfen Berner Witzen, viel Lachen und vor allem, eine tolle Gruppe mit einer super tollen Leiterin und so viele Eindrücke, Bilder und Erinnerungen und und und ...
Liebe Ursi, eine grosses Dankeschön für deinen immensen Einsatz und die ausgezeichnete und kompetente Führung gespickt mit vielen interessanten Informationen. Danke auch an alle Mitwanderer für die tolle und fröhliche Begleitung. Wir blicken zurück auf eine bereichernde Wander- und Kulturreise und .... blicken vielleicht bereits wieder voraus auf ein nächstes Ziel?? Einige von uns wirst du bestimmt wieder im Schlepptau haben.
Bericht: Lotti Gass - Bilder: Lotti und Ursi
TeilnehmerInnen: Claudia, Doris, Lotti, Marta, Fridel, Victor
Leiterin: Ursi Ebner
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