Hab die Saison am 26.12.2010 mit der „Weicheiertour“ auf den Meniggrat im Diemtigtal begonnen, zusammen mit Jürg, Yusen (sein Sohn), Leo und Silberauge (Leonardo, ein schwarzhaariger Vierbeiner). Die anschliessenden Wochenende verbrachte ich mit Stadtspatziergängen, bis mich Ende Januar die Lust auf Skitouren wieder endgültig ergriffen hatte. Elvertätsch und Birghorn waren Zwischenziele, die Abfahrt „Im Tellin“ der eigentliche Gipfel. Das Birghorn hab ich wegen des Windes ausgelassen und die Talfahrt war zwar spannend, aber wegen des suboptimalen Schnees leider kein Genuss.
Am darauf folgenden Sonntag, den 06.02.2011 zog’s mich ins Wallis, Dreizehntenhorn mit dem Hintergedanken ans Schwarzhorn. Aber für den NW-Grat brauchte ich zu Fuss dermassen lang, dass ich die Idee Schwarzhorn N-Flanke aufs Eis legte. Nach einigen „Nostalgie“-Spatziergängen in der Regio Basilensis während des restlichen Februars, auch zum Test, ob meine Kondition immer noch nicht vollständig am Boden liegt, hats mich dann endgültig gepackt und am 5.3. fahre ich wieder nach Unterbäch in der Hoffnung, diesmal die leichten Steigeisen und das Minipickelchen nicht umsonst dabei zu haben. Selbstverständlich hab ich seit unserer Saisonstarttour alles solo gemacht (hört, hört – wenn das nicht nach Einbildung stinkt!).
Heute ist’s wesentlich wärmer als vor einem Monat, also kein Rumschlottern auf den beiden Skiliften im Schatten. Beim Anfellen bin ich unter diversen Kleingruppen, aber bald verlasse ich den „Weg“ aufs Ginalshorn und sichte kurz darauf eine alte, schon ziemlich zu gewehte Spur zur Niggelinglicke zwischen dem Driezehntenhorn und der Schwarzi Blatte. Nun geht’s etwas schneller vorwärts, da ich nur noch halb so tief einsinke und ich bin endlich wieder allein. Oben auf der Licke bemerke ich, dass die Drei, welche einige Tage vor mir hier durch gegangen sind, aufs Dreizehnte weiter zogen. Ich folge ihren nun besser sichtbaren Spuren noch einige Minuten und als die Flanke rechts von mir weniger felsdurchsetzt erscheint, fasse ich mein Herz und ziehe schräg hinein. Kurze Zeit später wird das Gelände flacher und ich beginne wieder zu steigen. Links die felsige SW-Flanke vom Dreizehntenhorn, rechts die steile Schwarzhorn N-Flanke und vor mir ds Rots Tällilicke.
Ich steige noch einige Dutzend Meter höher in die Flanke und montiere die leichten Hüfchen. In der einen Hand das Minipickelchen, in der andern das Stöckchen und s’geht erstaunlich gut. Der Schnee hat die ideale Härte, wo’s am steilsten ist, so gegen 45°, bringt man noch locker die Sohle rein. Nach ca. ner Stunde Fussen (für etwas über 200 Hm – also Gloisi, bitte!) bin ich um 13.15h auf dem Gipfel. Vom Augstbord-, Dreizehnten- und Ginalshorn sehe ich etliche Ski- und Schneeschuhtouristen rauf und runter laufen bzw. fahren, nur ich bin allein und habe so das Gefühl, ich sei der Einzige, der diesen Winter „mein“ Horn bestiegen hätte. Na ja, immerhin hab ich keine Spuren gesehen hier oben. Also freue ich mich über meinen Erfolg, knipse etwas rum und nasche an meinem Proviant.
Für den Abstieg hab ich schätzungsweise 20 Minuten gebraucht, s’ging viel lockerer, als ich dachte. Um 14.15h bin ich zurück bei meinen Bretterln und kurz nach Drei wieder auf der Niggelinglicke. Abfellen und nochmals ne halbe Stunde Rast – meine Freude über den kleinen Erfolg ist nun riesig!
Bleibt noch die kurze Tiefschneeabfahrt und dann, als Schlusszückerchen, die flache Piste zurück nach Unterbäch. Oberhalb von Schipfer noch ein letztes Steilstück, Jemand hat irgend wann heute Nachmittag den Nordosthang der Schwarzi Blatte traversiert, wohl aus Angst, er müsse im Schipfer laufen. Ich halte mich etwas mehr nach rechts, weil ich weiss, dass dem nicht so ist. Plötzlich wabert der ganze Hang und die Schneedecke zerbricht in einzelne Stücke. Mir wird sofort klar, dass ich in einem Schneebrett bin, aber keinen Bruchteil einer Sekunde verspüre ich Angst. Die Bindung des linken Skis löst sich und ich versuche auf dem Rechten, das Gleichgewicht zu halten. Nach wenigen Sekunden steht das Ding still und ich stecke in leichter Linksschräglage fest, ca 5m oberhalb des unteren Endes des Brettes. Nach etwas Würgen mit dem linken Bein und Arm bin ich frei. Ich erschrecke langsam, nicht wegen des Brettes, sondern weil der Teller vom linken Stock weg ist und noch mehr, weil der ganze linke Ski fehlt. Zuerst mal Sack runter und Schaufel raus! Ich stochere nach dem Ding von unten nach oben, in einer Linkskurve, etwa so, wie ich mir die „Rutschbahn“ vorstelle. Nach etwa 10 Minuten gebe ich auf. Ich schätze die Ausmasse dieses „Naturwunders“ auf ungefähr 50x50m und überlege mir, dass ich wohl weiter unten eher auf ein Pistenfahrzeug stossen würde statt hier oben noch bis in die Nacht weiter zu suchen. Die Abrisskante liegt genau auf der Spur meines komischen „Kameraden“, meine verschwindet etwa auf halber Höhe des Rutsches. Mir ist völlig klar, dass ich das Brett ausgelöst habe und ebenso, dass ich eigentlich nicht die Verantwortung tragen muss, schliesslich fuhr ich im bereits ca 10° flacheren Teil des Hanges.
Also noch ein paar Fotos zur Doku und dann beginnt die wirkliche Premiere: Abfahrt auf einem Ski. Es ist so etwa Viertel nach Vier und die vielen Stürze im Tiefschnee schmerzen nicht, nur das ewige Wiederaufstehen ist anstrengend. Ganz anders auf der Piste, das Aufstehen fällt fast leicht, aber das Umfallen kann zuweilen sehr weh tun. Einen Sturz vergess ich nie mehr, ich hatte Rücklage und landete auf dem Steissbein, was ich noch drei Wochen danach beim Treppen hochsteigen gespürt habe. Die Piste ist Menschenleer und als ich endlich zum Traversenweg durch den Wald zur Bergstation des ersten Sesselliftes komme, beschliesse ich, zu laufen. Und tatsächlich, kurz nach Sechs komme ich zum Restaurant Alpenrose bei vorhin genannter Station.
Ich frage nach, ob sie noch eine Fahrt für das Dienstpersonal machen würden und berichte kurz von meinem Malheur. Die Dame hört interessiert zu, verneint dann meine Frage aber meint, wenn ich der schwarzen Piste folgen würde, wäre ich in 20 Minuten unten (bei der Seilbahn-Bergstation). Was auch für mich beinahe stimmte, ich brauchte 40, was dann immer noch bestens auf den 19.34h-Zug reichte.
Tja, liebe Interessierte, das mein kleiner Bericht über Unglück nach dem Glück und dabei doch wieder Glück im Unglück! - oder auch anders gesagt: nicht jedes Schneebrett verläuft tragisch (ausser dem Verlust meines 1400.- fränkigen Skimaterials).
Text und Fotos: Rolf Glauser
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